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Mindful Photography: Selbstlosigkeit und Kreativität

Aktualisiert: 28. Okt. 2021

Vom Wert buddhistischer Philosophie für die photographische Kreativität - wenn Licht an, aber keiner da ist


Eine Freundin beschrieb einmal einen unliebsamen Kollegen mit den Worten, da wäre zwar Licht an, aber keiner da. Ihre Unterstellung kognitiver Defizite finde ich überaus amüsant, sie erinnert mich auch an ein buddhistisches Konzept, das in einem philosophischen Kontext nichts Negatives meint. Die Idee der Selbstlosigkeit. Die Abwesenheit von so etwas wie dem menschlichen Selbst gilt dort als sehr erstrebenswert.


Und zwar deshalb, weil ein wesentliches Merkmal des Selbst die Anhaftung sei, die wiederum Leid verursacht. Im Gegensatz zu vielen psychologischen Interventionen, die sich der Eliminierung diverser Stressfaktoren (Anhaftungen) widmen, geht es Buddhisten um die Auflösung desjenigen, der diese Anhaftungen kultiviert, um die Auflösung des Selbst. Das meint die Einsicht in das Phänomen, dass da zwar Licht an ist, aber faktisch keiner da.


Was den Vorteil hat, dass dann keiner mehr da ist, der unter Anhaftungen leidet. Hierin liegt der fruchtbare Zusammenhang der buddhistischen Idee der Selbstlosigkeit mit Kreativität. Wenn der Mensch hinter der Kamera ohne Selbst unterwegs ist, geht er im wahrsten Sinne des Wortes innerlich aus dem Weg für etwas, das jenseits seiner selbst liegt.


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Traum no. 6, Regensburg, 2021 © Dr. Christine Lehr


Dieses Etwas mag zum Beispiel eine photographische Idee mit bestimmtem, sozialem Hintergrund sein, oder auch etwas eher Unbestimmtes, noch nicht Benennbares, das sich in den Bereich des sogenannten Flows verorten lässt. In jedem Fall etwas, das den Kreis um das eigene Ich erheblich weitet.


Man könnte einwenden, dass doch immer Ich es bin, der eine bestimmte Idee hat. Eine buddhistische Perspektive würde darauf antworten, dass in diesem Anspruch auf Urheber- und Eigentümerschaft eine Anhaftung verborgen liegt. Will heißen, wenn ich für meine Idee beispielsweise keine Anerkennung erhalte, werde ich leiden.


Wie knipst man nun das Licht an? Um zu sehen, dass das eigene Selbst kein so markantes Profil als Schatten wirft, wie man vielleicht angenommen hatte? Wie wird man sich seiner selbst gewahr, um sich zu vergessen? Wie komme ich in einen Flow? Ist das Zufall, oder gibt es Techniken, die Kreativität auf achtsamen Wegen zu beflügeln?


Fortsetzung folgt.

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